Der zweite Abschnitt unserer Panamareise führte uns an den Ort, an dem wir den ersten Schritt in Panama selbst setzten. Panama City. Nach den zwei Tagen am Strand und einer mittlerweile gewohnten mehrstündigen Busreise hätte der Kontrast kaum größer sein können. Während die Tage zuvor uns das Rauschen des Meeres begleitete, empfing uns nun das rege Treiben und Geräusche vieler tausend Pilger, welche ebenfalls in unserer Gastpfarrei untergebracht wurden. Auch in den zweiten Gastfamilien wurde der große Unterschied zum restlichen Panama deutlich. Wo zuvor teilweise mit Hilfe von Kokosnüssen nur kalt geduscht wurde, war nun Warmwasser in einem Hochhausarpatement eine Selbstverständlichkeit. Anhand dieses Beispiels und vielen mehr wurde uns schnell die Diskrepanz bewusst.
Das Programm der nächsten Tage war dabei immer ähnlich und stets von den Katechesen und Gottesdiensten am Vormittag strukturiert. Die Gefühle, Erfahrungen und Eindrücke dabei waren durchaus unterschiedlich.
„Alle Gottesdienste und Katechesen, an denen ich teilgenommen habe, waren für ein deutschsprachiges Publikum. Man könnte also davon ausgehen, dass dieses Publikum daher auch relativ homogen ist. Aber die Art und Weise, wie Menschen dort aufgetreten sind und wie sie ihrem christlichen Glauben leben, hat mir ganz deutlich gezeigt, dass unser Weg, der Weg, den wir in den J-GCL und den Jugendverbänden des BDKJ gehen, eben nur eine von ganz vielen Möglichkeiten ist, Christ*in zu sein. Ich hoffe nur, wir können es alle miteinander irgendwie schaffen, dass wir jene, die einen anderen Weg gehen, nicht als fehlgeleitet oder weniger christlich ansehen.“ (Flo)
„Bei der einen Katechese hat der Bischof von Graz über die Schwierigkeit sich helfen zu lassen gesprochen. Ich fand den Gedanken wirklich interessant. Besonders bei den Gottesdiensten ist mir aufgefallen wie unterschiedlich eine Messe gefeiert werden kann. Gerade unter dem Eindruck der Begegnungstage wirkten viele Lieder langsam und träge und der deutsche Gottesdienst viel mehr durchchoreografiert. Mir hat dieses lebendige Element gefehlt. Gerade der Unterschied in der Art und Weise der Feier hat mich nachdenklich gestimmt.“ (Jhonny)
„Die Gottesdienste waren sehr beeindruckend. Besonders die Musik, laut und fröhlich, alle sangen mit. Aber ungewohnt war das schon. Mir war das sogar manchmal zu laut. Im Gottesdienst fehlte mir das zur Ruhe kommen, sich auf sich selbst zu konzentrieren, in sich gehen und zu reflektieren. Dazu wurde keine Zeit gelassen.“ (Lilly)
Ein absolutes bewegendes Ereignis waren für uns drei die Besuche von unterschiedlichen Adveniatprojekten. Zum einen ein Aids-Projekt, zum anderen der Besuch eines indigenen Volkes.
„Ich besuchte das Aids-Projekt. Unser Besuch hat ich sehr beschäftigt. Zum einen aus meiner fachlichen Sicht als zukünftige Sozialpädagogin. Denn genau dieser Einrichtung, mit vllt. besseren Standards, könnte auch in Deutschland meine zukünftige Arbeitsstelle sein. Interessant war der Umgang des Psychologen mit den Bewohner*innen des Heims.
Aus persönlicher Sicht hat mich die Bereitschaft der Bewohner*innen ihr Schicksal mit uns zu teilen sehr bewegt. Dramatische Lebensgeschichten wurden uns erzählt und das wissen zu haben, dass diese Menschen nie wieder ganz geheilt werden können ist schwer zu akzeptieren.
Als drittes hat mich der Zwiespalt der katholischen Meinung über Homosexuelle und Aids-erkrankte und der Nächstenliebe und Fürsorge der Hilfebedürftigen beschäftigt. Viele Hilfebedürftigen können auf die Hilfe der Kirche hoffen, die diesen oft auch gewährt wird aber dennoch wiederspricht es den Meinungen der Kirche. Das macht für mich keinen Sinn. Die Hilfe soll offiziell allen und Einschränkungen zustehen.“ (Lilly)
„ Ich war zu Besuch bei dem gleichen Projekt für HIV-positive, welche der Papst ein paar Tage später besucht hatte. Für mich ist dort einfach klar geworden, wie groß der Glaube für die Menschen vor Ort eine Rolle spielt. Welche bewegenden Geschichten die Bewohner*innen schon erlebt haben und wie stolz dass sie sind, dass es einen Papst gibt, der sie besucht und in den Fokus rückt“ (Jhonny)
„Ich durfte mit Adveniat eine indigene Gruppe, die Kuna, besuchen und mit ihnen ins Gespräch über ihren Glauben und ihre Kultur kommen. Das hat mich ganz stark beeindruckt, weil diese Menschen eine ganz tiefe Spiritualität leben. Gleichzeitig war ich aber auch über die Umstände schockiert, in denen sie leben müssen. Das hat mich wirklich mitgenommen, obwohl wir nur kurze Zeit dort waren. Ich bin auch jetzt – fast einen Monat danach – noch nicht wirklich in der Lage drüber zu reden und meine Eindrücke in Worte zu fassen.“ (Flo)
Die Nachmittage standen meist im Zeichen von Großveranstaltungen wie beispielsweise der Papstbegrüßung, des Rosenkranzes, sowie die Papstmesse selbst. Die schiere Größe der gläubigen war beeindruckend. Dennoch war dies nicht der einzige Gedanke, den wir davon mit nach Hause nahmen.
„Es war irgendwie schon irre. Es kam mir so vor wie bei einem Festival: tausende Menschen, Musik, gute Stimmung, die bunten Farben der Flaggen, auf dem Feld campieren. Und das aber alles nüchtern und der Grund für das Zusammenkommen war der gemeinsame Glaube.
Die Veranstaltungen haben mich in der Hinsicht, dass tausende Menschen von allen Kontinenten der Welt sich an einem Ort zusammengefunden haben und eine Gemeinschaft zu sein. Den Veranstaltungen selbst war es aber schwierig zu folgen. So konnte ich nur mit meinen Brocken Spanische einzelne Inhalte verstehen, ansonsten bekam man davon leider wirklich wenig mit, auch der Gottesdienst war durch die kleinen Leinwände nicht so berührend.“ (Lilly)
„Um ganz ehrlich zu sein, habe ich aus diesen Großveranstaltungen am wenigsten ziehen können. Für mich hat es ganz oft so gewirkt, als ginge es dabei vor allem darum, den Papst zu feiern. Das finde ich schade. Ganz oft habe ich die Leute auch Sprechgesänge anstimmen hören, in denen sie sich als „die Jugend des Papstes“ bezeichnen. Ich persönlich kann das nicht nachvollziehen und sehe mich auch nicht als Teil dieser „Jugend des Papstes“. Mein christlicher Glaube ist unabhängig davon, wer gerade Papst ist.“ (Flo)
Von den drei großen Veranstaltungen, der Begrüßung, Kreuzweg und Papstmesse, hab ich nur an ersterem und letzterem teilgenommen, wobei das Auslassen des Kreuzweges eng mit der Begrüßung zusammenhängt. Zwar konnten wir aufgrund unseres Platzes den Papst sehr gut sehen als er an uns vorbei fuhr. Nichtsdestotrotz waren es dann doch große Strapazen. Gerade in der Hitze vor den Einlasskontrollen und in der Enge hab ich gut Körner gelassen.
Der Gottesdienst auf dem Feld war beeindruckend. Zwar war es schade, dass nichts übersetzt wurde, dennoch konnte ich folgen und die Tatsache, dass trotz dieser Sprachbarriere, die es ja nicht nur für mich gab, alle teilnehmen konnten und wussten was gefeiert wird. Diese Erkenntnis hat sich nachhaltig in mir festgesetzt.“ (Jhonny)
Mit diesen vielen Eindrücken im Gepäck ging es nach einem kurzen Besuch im Regenwald wieder für uns nach Hause. Mit der Heimreise stellte sich jedoch die Frage, welche Auswirkungen hat der WJT für mich in Deutschland und meinem Alltag? Der Versuch der Antwort auf diese Frage und die nach der Bewertung der Heimreise ist schwierig und sieht nach längerer Rückbetrachtung so aus.
„Eine wirklich anstrengende Heimreise mit äußerst wenig Schlaf und einem verlorengeglaubten Geldbeutel machten die Ankunft in Deutschland zu einem nicht ganz angenehmen Moment. Was mich aber weiterhin beschäftigen wird und mich weiterhin beseelen wird ist die großartige Herzlichkeit, Freundlichkeit und Begeisterung der Panamaer. Ich werde diese unglaubliche Gastfreundschaft nie vergessen und nehme das als die größte Botschaft für mich mit.“ (Lilly)
„Wenn ich auf den letzten Monat, also auf die Zeit seit unserer Heimreise zurückblicke, merke ich schon, dass sich für mich die Perspektive auf die Welt etwas verändert hat. Es ist schwer, das in Worte zu fassen, weil ich glaube, dass sich das volle Ausmaß dieser Perspektivenveränderung erst mit einiger Zeit Abstand zeigen wird. Aber ich denke, dass es vor allem darum geht, dass ich jetzt Menschen kenne, die so weit weg von mir leben und mit denen ich trotzdem fest verbunden bin.“ (Flo)
„Meine Heimreise war super. Ich konnte zwar kaum schlafen, was aber kein Problem war und dieses Mal war ich gut gestärkt für den Flug ohne essen. Verrückt war für mich nicht der Jetlag, sondern der große Temperaturunterschied. Was mir bleiben wird sind die Unterschiede des Glaubenslebens, sowie die Herzlichkeit die ich erfahren durfte.“ (Jhonny)
Text: Jonathan Ilg
Foto: Florian Kronawitter